Mitarbeiterbeteiligung in der Schweiz: Das ESOP-Programm und seine steuerlichen Vorteile
In der dynamischen Schweizer Wirtschaftslandschaft gewinnt die Mitarbeiterbeteiligung immer mehr an Bedeutung. Programme wie das Employee Stock Ownership Plan (ESOP) sind nicht nur ein attraktives Instrument zur Mitarbeitermotivation und -bindung, sondern bieten auch interessante steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten.
AKTIENGESELLSCHAFT
7/13/20254 min read
Was genau ist ein ESOP?
Ein ESOP gibt Ihren Mitarbeitern die Chance, Anteile am eigenen Unternehmen zu erwerben oder zu erhalten. Das kann in verschiedenen Formen geschehen: als echte Aktien, Partizipationsscheine, Optionen oder sogenannte Phantom Stocks. Das Hauptziel ist immer dasselbe: Mitarbeiter direkt am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Das steigert nicht nur ihr Engagement, sondern auch ihre Identifikation mit dem Unternehmen. Ein gut aufgebautes ESOP kann ausserdem ein klares Signal an potenzielle Mitarbeiter senden, dass Ihr Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber ist.
Warum ein ESOP in der Schweiz?
Die Schweiz bietet mit ihrem stabilen Rechtssystem und den attraktiven steuerlichen Anreizen eine ideale Grundlage für ESOPs. Die Vorteile liegen auf der Hand:
Motivation und Leistung: Mitarbeiter, die am Erfolg beteiligt sind, sind oft motivierter und leistungsbereiter. Sie denken und handeln unternehmerischer.
Mitarbeiterbindung: Langfristige Beteiligungsprogramme sind ein starker Anreiz, um Schlüsselmitarbeiter im Unternehmen zu halten und Fluktuation zu reduzieren.
Stärkere Unternehmenskultur: Ein ESOP fördert ein Gefühl von Eigenverantwortung und echtem Miteinander.
Schonung der Liquidität: Gerade für Startups kann ein ESOP eine grossartige Möglichkeit sein, attraktive Vergütungspakete anzubieten, ohne die Unternehmenskasse übermässig zu belasten.
Vesting: Der Schlüssel zur Mitarbeiterbindung im ESOP
Ein zentraler Bestandteil vieler ESOPs, insbesondere wenn es um Mitarbeiteroptionen geht, ist das Konzept des Vestings (auch "Unverfallbarkeit" genannt). Vesting legt fest, wann und unter welchen Bedingungen ein Mitarbeiter das volle Recht auf seine zugesagten Optionen oder Anteile erwirbt. Es ist ein schrittweiser Prozess, der Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen binden soll. Die Idee: Der Mitarbeiter muss eine bestimmte Zeit im Unternehmen bleiben oder bestimmte Ziele erreichen, um seine Anteile vollständig "zu verdienen".
Typische Vesting-Modelle:
Zeitbasiertes Vesting: Dies ist das gängigste Modell. Die Anteile oder Optionen "vesten" über einen bestimmten Zeitraum, solange der Mitarbeiter im Unternehmen bleibt. Oft gibt es einen "Cliff", z.B. 1 Jahr, nach dem ein erster Teil (z.B. 25%) vestet, und danach monatlich oder quartalsweise über 3-4 Jahre die restlichen Anteile.
Meilensteinbasiertes Vesting: Hier vesten die Anteile, wenn der Mitarbeiter oder das Unternehmen bestimmte, vorher definierte Ziele (z.B. Umsatzziele, erfolgreiche Finanzierungsrunden) erreicht.
Hybrid-Vesting: Eine Kombination aus beiden Modellen.
Was passiert, wenn ein Mitarbeiter geht? – Leaver-Regelungen:
Ein kritischer Aspekt des Vestings sind die sogenannten "Leaver-Regelungen". Diese definieren, was mit den gevesteten und nicht gevesteten Anteilen passiert, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt:
Good Leaver: Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen aus Gründen, die nicht in seinem Verschulden liegen (z.B. Pensionierung, Krankheit, Entlassung ohne wichtigen Grund), behält er in der Regel seine bereits gevesteten Anteile/Optionen und hat eine bestimmte Frist zur Ausübung. Nicht gevestete Anteile verfallen üblicherweise.
Bad Leaver: Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen aus eigenem Wunsch oder aufgrund von Fehlverhalten (z.B. Kündigung durch den Mitarbeiter, Entlassung aus wichtigem Grund), können sowohl nicht gevestete als auch bereits gevestete Anteile/Optionen ganz oder teilweise verfallen oder das Unternehmen hat ein Recht zum Rückkauf zu einem niedrigeren Preis.
Diese Regelungen sind entscheidend für die Attraktivität und Fairness eines ESOPs und sollten transparent kommuniziert werden.
Steuerliche Aspekte des ESOP in der Schweiz: Ein Überblick
Die steuerliche Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen in der Schweiz ist komplex und hängt stark davon ab, wie Ihr ESOP genau gestaltet ist. Es ist unerlässlich, die verschiedenen Optionen zu kennen und sich frühzeitig steuerlich beraten zu lassen.
Hier ein vereinfachter Überblick über die gängigsten Formen und deren Besteuerung:
1. Mitarbeiteraktien (Echte Beteiligungen)
Hier erhalten Mitarbeiter echte Aktien Ihres Unternehmens.
Besteuerung beim Erwerb: Wenn Mitarbeiter Aktien unter dem Marktwert erwerben, wird die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis (der sogenannte "Mitarbeiterrabatt") als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuert. Das passiert normalerweise direkt beim Erwerb, falls die Aktien frei verfügbar sind und das Vesting abgeschlossen ist.
Sperrfristen: Sind die Aktien mit einer Sperrfrist versehen (z.B. ein Verkaufsverbot für eine bestimmte Zeit), kann die Besteuerung des Mitarbeiterrabatts aufgeschoben werden, bis die Sperrfrist abläuft und frei verfügbar werden. Pro Sperrjahr wird in der Regel ein Abzug von 6% gewährt, was den zu versteuernden Betrag reduziert.
Dividenden und Kapitalgewinne: Laufende Dividenden unterliegen der Einkommenssteuer und der 35%igen Verrechnungssteuer. Kapitalgewinne aus dem Verkauf der Aktien sind für Privatpersonen in der Regel steuerfrei, solange es sich nicht um gewerbsmässigen Wertschriftenhandel handelt.
2. Mitarbeiteroptionen (Call-Optionen)
Optionen geben Mitarbeitern das Recht, aber nicht die Pflicht, Aktien zu einem vorher festgelegten Preis zu kaufen.
Vesting und Verfall: Optionen unterliegen fast immer dem Vesting. Nicht gevestete Optionen verfallen ersatzlos, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt oder die Vesting-Bedingungen nicht erfüllt werden.
Besteuerung beim Erwerb der Option: Der Erhalt der Option selbst ist meist nicht steuerbar, solange die Option nicht frei handelbar ist.
Besteuerung bei Ausübung oder Verkauf: Die Besteuerung erfolgt erst, wenn die gevestete Option ausgeübt wird (also die Aktien gekauft werden) oder wenn die gevestete Option verkauft wird. Der steuerbare Vorteil ist die Differenz zwischen dem Marktwert der Aktie zum Zeitpunkt der Ausübung/Veräusserung und dem Ausübungspreis der Option. Dieser Vorteil wird als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuert.
Sperrfristen auf den erworbenen Aktien: Werden die durch die Ausübung erworbenen Aktien wiederum mit einer Sperrfrist belegt, kann die Besteuerung des Vorteils weiter aufgeschoben und ein Abzug (6% pro Sperrjahr) gewährt werden.
3. Phantom Stocks / Stock Appreciation Rights (SARs)
Dies sind keine echten Beteiligungen, sondern Barzahlungen, deren Höhe sich am Aktienkurs orientiert.
Vesting und Verfall: Auch Phantom Stocks und SARs unterliegen in der Regel dem Vesting. Nicht gevestete Ansprüche verfallen, wenn die Vesting-Bedingungen nicht erfüllt werden.
Keine echten Beteiligungen: Mitarbeiter erhalten keine Aktien, sondern eine Barzahlung, die den Wert echter Aktien widerspiegelt.
Besteuerung: Die Auszahlung aus Phantom Stocks oder SARs wird vollumfänglich als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuert. Da es sich um eine Barleistung handelt, gibt es hier keine steuerfreien Kapitalgewinne.
Wichtige Hinweise zur Besteuerung:
Sozialversicherungsabgaben: Auf den als Einkommen qualifizierten Vorteilen aus Mitarbeiterbeteiligungen sind in der Regel auch Sozialversicherungsabgaben (AHV/IV/EO, ALV) geschuldet.
Interkantonale Unterschiede: Die Grundsätze sind zwar ähnlich, aber die Kantone in der Schweiz können leichte Unterschiede in der Auslegung und Anwendung der Steuergesetze haben.
Fazit
Ein ESOP kann für Schweizer Unternehmen ein sehr effektives Instrument sein, um Mitarbeiter zu motivieren, zu binden und sie am Erfolg teilhaben zu lassen. Die Konzepte von Vesting und Leaver-Regelungen sind dabei entscheidend, um die Bindungswirkung zu maximieren und klare Verhältnisse zu schaffen. Um jedoch die gewünschten positiven Effekte zu erzielen und steuerliche sowie rechtliche Fallstricke zu vermeiden, ist eine sorgfältige Planung und frühzeitige professionelle Beratung unerlässlich. Angesichts der Komplexität empfehle ich Ihnen dringend, eine spezialisierte Beratung in Anspruch zu nehmen.
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